Sounds selbst dreidimensional platzieren

Binaural Audio
Überblick
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January 24, 2022
aktualisiert am

Wenn man nach binauralem Processing sucht, findet man vor allem eine Vielzahl an "Binaural Beats" Tutorials. Dabei geht es schnell um 432 Hz Stimmungssysteme und 10 Hz Alpha-Schwingungen.

Eine etwas ungünstige Überlappung der Begriffe, denn mir geht es gar nicht um diese Art von Musik. Ich will die Möglichkeiten herausfinden, wie man selbst Elemente binaural dreidimensional positionieren und bearbeiten kann.

Produktion von binauralen Elementen

Grob gesagt gibt es zwei verschiedene Wege, um zu dem dreidimensionalen binauralen Signal zu kommen: Entweder man nimmt binaural auf, mit einem sogenannten Kunstkopf o. Ä., oder man bearbeitet bestehendes Mono oder Stereomaterial mit speziellen Tools. Weiter unten werde ich genauer auf diese Techniken zu sprechen kommen. Der Artikel Introduction to spatial audio von BBC Academy beschreibt das ähnlich:

"Binaural can be recorded directly with special binaural microphones. Alternatively, conventional mono and stereo recordings can be converted to binaural and panned in 3D using plug-ins for audio workstations like Pro Tools, Sadie and Reaper. BBC R&D have also produced software for live mixing of binaural content, which has been used at the BBC Proms."

A dummy head microphone
"A dummy head microphone" aus Introduction to spatial audio, BBC Academy
In-ear binaural microphones (Sennheiser AMBEO)
"In-ear binaural microphones (Sennheiser AMBEO)" aus Introduction to spatial audio, BBC Academy
A binaural panner plug-in
"A binaural panner plug-in" aus Introduction to spatial audio, BBC Academy

Binaural Recording

Ganz analog mit zwei Mikrofonen an den Positionen der Ohren in einem Dummy-Kopf lässt sich ein binaurales Stereosignal aufnehmen. Dafür gibt es speziell gefertigte Kunstköpfe oder man nutzt seinen eigenen Kopf mit Mikrofonen, die In-Ears ähneln.

Auf Wikipedia gibt es zum Thema Kunstkopf einen Artikel mit Timeline zu der Geschichte dieser Technik. Da ich in weiteren Schritten dieses Projektes hauptsächlich mit synthetischen Sounds arbeiten werde, werde ich hier nicht näher auf die Technik eingehen.

Binaural Processing

Es hat sich einiges in den letzten Jahren auf dem Gebiet des dreidimensionalen Sounds getan. Bis hin zu objektbasierten Formaten von Dolby Atmos, DTS:X oder Auro-3D, die sich an die Möglichkeiten am Abspielort anpassen, ist vieles möglich. Ich will mich hier auf Techniken beschränken, die für dieses Projekt relevant sind. Das heißt mit minimalem Equipment (DAW + Kopfhörer) bearbeitbar und als Stereospur exportierbar sind.

Auch hier kann man wieder in zwei Richtungen gehen. Es geht über all-in-one Plugins, die aus einer Mono/Stereospur ein binaurales Stereosignal machen, zu ganzen Plugin-Suites, die das Signal zuerst in ein "allgemeineres" Ambisonics Signal der n-ten Ordnung encoden und danach mit eigenen Tools in ein binaurales Stereosignal decoden. Im Folgenden Stelle ich ein paar dieser Möglichkeiten vor.

All-In-One Solutions

Begonnen als Projekt von Sennheiser Ambeo wird das wahrscheinlich populärste binaurale Plugin jetzt bei Dear Reality weiterentwickelt. Jetzt als dearVR MICRO zeigt es den Umfang der meisten anderen Lösungen in dem Bereich. Mono oder Stereosignale werden in ein binaurales Stereosignal umgewandelt, wobei man die Kontrolle über die Positionierung bekommt, teilweise auch bestimmte Raumreflexionen und weitere Parameter. Anders als bei den meisten Plugin-Suites passiert hier alles in einem einzigen Plugin, was den Workflow zum Platzieren einzelner Spuren sehr einfach macht.

dearVR MICRO – Dear Reality
Binauralizer – Noisemakers
Panagement – Auburn Sounds
etc.

Suites

Ein anderer Weg mit mehr Kontrolle sind ganze Suites zum Bearbeiten von 3D Audio. Diese beschränken sich nicht nur auf das Ausgabemedium von binauralen Stereospuren, sondern können vielseitig verwendet werden.

Der Workflow besteht meistens darin, das Inputsignal in die Ambisonics-Domain zu encoden. Je nach Ambisonics "Order" werden eine Vielzahl an Audiochannels verwendet, um das Signal dreidimensional zu definieren, was meistens die Kontrolle über Positionierung mitgibt. Spezielle Ambisonics-Plugins können mit diesem Mehrkanalsystem arbeiten und damit das Signal weiter verarbeiten.

Der große Vorteil dieser Suites ist die freie Wahl des Ausgabemediums. Da das Signal immer "allgemein dreidimensional" definiert ist, kann es am Ende auf ein beliebiges Ausgabesystem decoded werden. Von binauralen Stereospuren bis zu komplexen Speakerarrays ist alles möglich.

Diese Methode ist zwar nicht so "straight forward" wie mit all-in-one Plugins, bietet aber deutlich mehr Ausgabemöglichkeiten. Welche dieser Techniken für meinen Gebrauch am sinnvollsten ist, werde ich noch herausfinden müssen.

IEM Plug-in Suite – Institute of Electronic Music and Acoustics KUG Graz
dearVR PRO (und weitere Produkte) – Dear Reality
Immersive (Produktlinie) – Flux Audio
etc.

Conclusio

Für dieses Projekt sind vor allem die verschiedenen Möglichkeiten im binauralen Processing interessant. Im nächsten Semester der Projektstufe "Experiment" werde ich einige dieser Techniken selbst testen, vergleichen und die Ergebnisse beurteilen, um den (für das Projekt) besten Weg zu finden, binaural Signale zu bearbeiten.

Literatur

Introduction to spatial audio, BBC Academy

Objektbasierte Audioformate: Dolby Atmos, DTS:X oder Auro-3D – was klingt am besten?, hifi-regler.de